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Diskutiere /8 im Forum Daimler-Benz - Geschichte & Oldtimer im Bereich Allgemeines - W 114/115 - /8 Vorgeschichte Der W 114/115 wurde im Jahre 1968 als Nachfolger der "Heckflossen"-Baureihe W 110/111 eingeführt. Vom Entwurf her...
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Otfried

Otfried

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W 114/115 - /8

Vorgeschichte
Der W 114/115 wurde im Jahre 1968 als Nachfolger der "Heckflossen"-Baureihe W 110/111 eingeführt. Vom Entwurf her war es eine dem Zeitgeist entsprechende Mittelklasselimousine, der heutigen Baureihe W 210 {ab 1 Q 2002 – W 211} entsprechend.

Die Modelle mit Sechszylindermotoren wurden als W 114, die Fahrzeuge mit Vier- und Fünfzylindermotoren als W 115 bezeichnet. Die Bezeichnung /8 stammt vom Erscheinungsjahr 1968 und wurde den Typenbezeichnungen angehängt, um Verwechslungen mit dem vorhergehenden Modell entgegenzuwirken. Beispiel: "200" = W 110 V 20/M 121; "200/8" = W 115 V 20/M 115.

Technische Beschreibung und Neuerungen
Beginnen möchte ich mit den Neuerungen: Der W 114/115 war die erste Mercedes-Baureihe, bei welcher die Handbremse durch die Feststellbremse ersetzt, eine damals stark diskutierte Neuerung, welche heute noch auf viel für und wieder trifft. Freunde der Handbremse in Daimler-Benz Fahrzeugen mußten bis zum W 201 oder W 168 warten um die Handbremse zurückzuerhalten.

Der W 114/115 war die erste Daimler-Benz Serienlimousine, welche mit einer Einzelradaufhängung an der Hinterachse ausgeliefert wurde. Die Diagonal-Schräglenker waren am bumerangförmigen hinteren Fahrschemel angelenkt und stützten sich auf Schraubfedern mit Innenliegenden Gasdruckstoßdämpfern. Die Achsen waren so platziert, das sie als Pendellänge fast die ganze Spurweite zur Verfügung hatten. Daraus resultierten sehr geringe Sturz- und Spuränderungen bei Kurvenfahrt.
Gegenüber den Vorgängern der Baureihe W 110/111 hatte das Fahrverhalten sehr gewonnen.
Die Vorderradaufhängung bestand aus Doppelquerlenkern in Trapezanordnung. Die Achsschenkel waren in Tragegelenken gelagert, welche eine Verschränkung der Querlenker gegeneinander ermöglichen. Dies führt zu einem "Anti-Dive-Effekt" und wirkt dem Bremsnicken entgegen.

Die Baureihe W 114/115 war auch die erste Mittelklasse-Limousinenserie von Daimler-Benz, welche mit 4 Scheibenbremsen ausgestattet wurde.

Das Fahrwerk ist speziell für Michelin zX und XAS reifen der Größe 175 SR 14 und 175 HR 14 ausgelegt. {280/280 E = 185 HR 14}. Diese Reifen sind heute von Michelin für historische Automobile wieder lieferbar.
Fahrzeuge ab 3/73 wurden serienmäßig mit Kopfstützen und Sicherheitsgurten ausgestattet.

Chassis – Karosserie
Man muß bei diesen Fahrzeugen bedenken, das sie trotz der sehr soliden stabilen Bauweise nicht einen Rostschutz nach heutigem Niveau haben. Der starke Streusalzeinsatz früherer Jahre trug sein übriges in den gefährdeten Bereichen von Alltagsfahrzeugen hinzu.
Beim W 114/115 sollten folgende Stellen genau untersucht werden: Die Vorderen Kotflügel im Bereich, wo die Scheinwerfer angeschraubt sind. Die Schwellerspitzen, welche besonders ablaufendem Wasser ausgesetzt sind. Sie neigen wie schon beim W 110/111 zum durchrosten, was an einem muffigen feuchten Geruch im Wageninneren spätestens zu bemerken ist. Rostfänger sind ebenfalls die Seitenstreifen, die hinteren Kotflügelseitenteile sowie der Übergangsbereich zwischen Schweller und Rahmenboden, wobei auch die hinteren Radläufe genau zu beachten sind. Undichtigkeiten an der Heckklappe führen zu Rost am Kofferraumboden. Durch die Fensterschächte eintretendes Wasser führt zur Rostbildung an den unteren bereichen der Fahrzeugtüren. Im vorderen Bereich des Fahrzeuges ist zu beachten, das die Vorderachse an Konsolen verschraubt ist, welche am Rahmen angeschweißt ist. Von hier gelangen wir zu den besonders kritischen Punkten: das Lenkzwischenhebellager sammelt im laufe des Fahrzeugbetriebes soviel Schmutz an, welcher dazu führt, das es einfach wegrostet. Der Heizungswasserkasten in der Mitte der Vorderen Spritzwand ist auch eine erstklassige Roststellen. Eindringendes Wasser rostet bis in den Fußraumbereich. Dieses Stelle ist sehr schwer zu erkennen und nur sehr aufwendig zu reparieren. Im hinteren Fahrzeugbereich ist hier besonders der bereich von Schwellern in den hinterachseführenden Rahmenbogen betroffen.

Getriebe
Die automatischen Getriebe haben deutliche Schaltrucke im Vergleich zu heutigen Verhältnissen, sind aber sehr robust. Dasselbe gilt für die manuellen Schaltgetriebe. Nur die Fünfgangschaltgetriebe neigen zu Synchronisationsproblemen. Grundsätzlich kann man davon ausgehen, je schwächer der eingebaute Motor, desto besser ist das Getriebe erhalten.

Motoren
sowohl die Benzin {M 110/M 114/M 115/M 130 und M 180} als auch die Diesel {OM 615/OM 616/OM 617} Motoren sind sehr robust.

Diesel
Gelegentlich treten selten an den Zylinderköpfen der Dieseltriebwerke Risse auf. Bei warmen Motor sollte die Kompression auf allen Zylindern Gleichmäßig sein und über 20 bar liegen.

Mit Dieseltriebwerken wurden folgende Fahrzeuge gebaut:
W 115 D 20/OM 615 – 55 PS/4.200 U/min - 115 Nm/2.400 U/min – 130 km/h
W 115 D 22/OM 615 – 60 PS/4.200 U/min - 129 Nm/2.400 U/min – 134 km/h
W 115 D 24/OM 616 – 65 PS/4.200 U/min - 140 Nm/2.400 U/min – 139 km/h
W 115 D 20/OM 617 – 89 PS/4.000 U/min - 175 Nm/2.400 U/min – 150 km/h
Gebaut wurden die Fahrzeuge von 1/68 bis 12/76, wobei die Produktion des 240 D 3.0 bereits im November/76 endete.


Die Fahrleistungen dieser Diesel liegen jedoch auf einem völlig anderen Niveau als dem moderner CDI mit ihrem gegenüber Benzinmotoren gleichen Hubraums gewaltigem Drehmoment.
Bei den Motoren der Serie OM 615/616/617 ist mit Treibstoffverbräuchen von 9 ½ - 13 – max. 18 Litern {OM 617} zu rechnen.

Benzinmotoren
Im W 115/114 wurden Benzinmotoren mit Vier- und Sechszylinder verbaut. Für alle Motoren gilt, das Laufleistungen über 200.000 Kilometer keine Seltenheit sind. Ein verstärkter Ölverbrauch ist zumeist auf verschließene Ventilführungen zurückzuführen. Einen Anhaltspunkt über den Zustand des Motors liefert die Öldruckanzeige: Bei Betriebstemperatur sollte diese im Leerlauf 2 ½ bar {beim M 110 1 ½ bar} erreichen.
Die Treibwerke vertragen problemlos 95 Oktan Bleifreien Treibstoff, jedoch sollten bei allen die Ventileinstellungsintervallzeiten halbiert werden. {Beim M 110 kann man mit 99 Oktan Optimax den Zündzeitpunkt sogar noch vorstellen}.

Kurzbeschreibung der Motoren:
M 115 V 20/22/23 sind klassische Motoren mit einer obenliegenden Nockenwelle, Mercedestypisch über Kette angetrieben, 2 Ventilen je Zylinder , über Kipphebel betätigt und einem Stromberg Horizontalvergaser 175 CDS oder 175 CDT Vergaser.
Die Basis dieser sehr robusten Motoren liegt im M 121.
Bei diesen Modellen ist mit einem Kraftstoffverbrauch von 13 ½ bis 14 ½ Litern zu rechnen.

Die Sechszylindermotoren der Serien M 180, M 114 und M 130 sind technisch mit den Vierzylindern weitgehend identisch. Jedoch sind die mit zwei Zenith 35/40 INAT vergasern ausgerüsteten Motoren durstiger: Es ist mit 15 ½ bis 17 ½ Litern Treibstoffverbrauch zu rechnen. Der Hobbybastler sollte auch mehr Erfahrung mit der Vergasereinstellung mitbringen.

Der M 110 entstand als Motorisierung für das Topmodell und Konkurrenz zu "klassischen" Sport- und Rennmotoren {Alfa Romeo, OSCA, Lotus, Maserati, Jaguar} mit zwei kettengesteuerten obenliegenden Nockenwellen und halbkugelförmigen Crossflow Brennkammern im Leichtmetall Zylinderkopf. Entweder sind ist der Motor mit einem Solex Doppelregistervergaser 4 A 1 mit temperaturabhängiger Kraftstoffvorwärmung oder einer Bosch D-Jetronic ausgerüstet. Die Treibstoffverbräuche liegen hier zwischen 16 – 20 Litern, wobei der Einspritzmotor sparsamer ist. Als Vorteil ist anzusehen, das bei diesem Modell verstärkte Getriebezahnräder eingebaut wurden, Nachteilig ist, das der M 110 zu Nockenwellenverschleiß neigt. Dadurch reduzieren sich die Ventilöffnungszeiten und die Motorleistung sinkt.
Allgemein wirken die Motoren bei niedrigen Drehzahlen träge.

Mit Benzinmotoren wurden folgende Fahrzeuge gebaut:
W 115 V 20/M 115 – 95 PS/5.000 U/min - 159 Nm/2.800 U/min – 160 km/h
W 115 V 22/M 115 – 105 PS/5.000 U/min - 182 Nm/2.800 U/min – 168 km/h
W 115 V 23/M 115 – 110 PS/4.800 U/min - 190 Nm/2.500 U/min – 172 km/h
W 114 V 23/M 180 – 120 PS/5.400 U/min - 182 Nm/3.600 U/min – 175 km/h
W 114 V 25/M 114 – 130 PS/5.400 U/min - 203 Nm/3.600 U/min – 180 km/h
W 114 V 28/M 130 – 130 PS/5.000 U/min - 220 Nm/3.200 U/min – 180 km/h
W 114 V 28/M 110 – 160 PS/5.500 U/min - 230 Nm/4.000 U/min – 190 km/h
W 114 E 28/M 110 – 185 PS/6.000 U/min - 243 Nm/4.000 U/min – 200 km/h
Gebaut wurden die Fahrzeuge von 1/68 bis 12/76.

Abschließende die aktuelle Preissituation:
Allgemein gilt: Erster Preis Zustand 1-2, zweiter Preis Zustand 4.
W 115 V 20/M 115 EUR 4500 – EUR 1000
W 115 D 22/OM 615 EUR 4000 – EUR 1000
W 114 E 28/M 110 EUR 5500 – EUR 1000

Abschließend möchte ich anmerken, nicht restauriert ist oft besser als schlecht restauriert und gut versteckt. Ebenso sind Fahrzeuge in unverändertem Originalzustand vorzuziehen, als nicht tiefergelegte Wagen, oder solche mit „neueren" Breitreifen.

Als alternative bieten sich hier auf basis des W 114 E 28 erste AMG Versionen mit „Tourenwagen" Fahrwerksabstimmung und Motoren mit „scharfen" Nockenwellen an.
 
Hi Otfried,

ich muss mal ein dickes Lob loswerden! Echt interessant dein
Beitrag über die alte "E-Klasse", den Strich-8er!!! Sehr informativ,
weiter so.

Gruß,
jff2k

PS: was kleines noch... ich glaube nur nicht, dass jeder, der hier
durchstöbert weiß, dass z.B. die Baureihe W 168 die A-Klasse
und der W 201 der "190er" (Vorgänger der C-Klasse) ist ;)
 
Hallo jff2k

danke für das Lob, werde im neuen Jahr weiterhin bemüht bleiben. - ;)

Wir sollten mit Ralf einmal die Möglichkeit einer updatebaren Tabelle besprechen, in welcher man Dinge wie z.B. M 159 findet - :)


ein gutes neues Jahr 2002 wünscht

Otfried
 
Hallo Otfried,

Du sprichst in Deinem Breitrag die AMG-Modelle an. Gibt es noch überlebende (egal in welcher Tuningstufe I, II oder III)?

Gruß

Tobias
 
Hallo Tobias,

der „älteste" mir bekannt noch existierende Original AMG ist ein W 109.018. Über „überlebende" W 114 oder W 115 ist mir leider bisher nichts bekannt, lediglich über „überlebende" M 110 E 28, allerdings dann im C 123.
Mehr „überlebende" findet man im C/W 126 Bereich, auch C 107 und dann natürlich bei den neueren Modellen.
Überlebt hat aber auch dieser C 107.026, welcher zu HWA zurückgekehrt ist und im Ausstellungsraum steht.
 
Hallo Tobias,

genau so ist es. Schon damals lagen die Fahrleistungen von AMG Fahrzeugen auf einem extrem hohen Niveau, wenn man die Wettbewerber betrachtet.
Von so einem Scheunenfund träume ich auch, am besten "der" von AMG überarbeiteter W 109.018 :D.
 
Hallo Otfried,

waren die Fahrzeuge mit dieser Motorleistung eigentlich "fahrbar"? Wenn ich mich nicht täusche gab es auch eine (dezente) Tieferlegung bzw. Fahrwerkswerksoptimierung mit Bilsteindämpfern. Da frage ich mich gleich wieder ob es im Zweifelsfalle http://www.handykult.de/plaudersmilies.de/specs.gif noch Ersatzteile gäbe?

Gruß

Tobias
 
Ich hatte auch ein paar /8, ist aber schon eine Ewigkeit her, als ich mir noch keine Neuwagen leisten konnte (da fing ich erst mit dem 123er an). Ein schönes Auto, meine Fahrzeuge waren aber schon bei Kauf in relativ schlechtem Zustand. Ich bezweifle, dass auch nur einer davon überlebt hat :( Vielleicht finde ich ja ein altes Foto.
 
@ Otfried

toll gemacht, diese Info.


Mein Vater hat 1970 einen 250ger gekauft, müßte also ein W 114 V 25/M 114 – 130 PS/5.400 U/min - 203 Nm/3.600 U/min – 180 km/h gewesen sein.

Bei diesem trat das erstemal nach 6 Jahren und 70 tkm das Problem mit dem abfallenden Öldruck auf. Ursache war immer wieder (alle 70 km) Lagerverschleiß der Nockenwelle vor dem 5. Zylinder von vorne. Beim erstenmal führte es zu einem Bruch der Nockenwelle, was aber kaum auffiel, da die Ventile nicht den Kolben beschädigten.
Laut Rechnung habe ich die letzte Nockenwelle samz neuen Lagern bei KM 210 000 im Jahre 1993 eingebaut. Der Motor lief übrigens nochmal 70 tkm bis der Defekt (jetzt in einem 250 SL BJ '72) wieder auftrat. Bei nun 280 000 km muß er komplett überholt werden. Tolle Qualität.

Verschrottet wurde der 250ger 1997, nachdem die Karosserie durchgebogen war. das Gute Stück hatte zwei Unfälle (1972 Frontal, 1977 Fahrerseite). Entweder hat ihn der Rost getötet, oder die letzte Reparatur hat die Strucktur des Stahls zerstört. Innneneinrichtung und Front leben an einem 220 D/8 weiter.

Danach mußte dann mein Jeep als Urlaubswagen herhalten. Das war ein echter Bandscheibenkiller, dagegen ist mein A160 ein tolles Reiseauto.

MfG, Thomas
 
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