Kompressor
Hallo Julian & IP!
Zur Thematik "Ineffizienz & Verbrauchsnachteile" im Zusammenhang mit den MB-Kompressormotoren möchte ich einige Punkte anmerken.
Kompressormotoren wurden bereits zu Anfang des 20. Jahrhunderts entwickelt und gebaut. 1906 fuhr in den USA der erste Rennwagen mit einem mittels Zentrifugallader aufgeladenen Motor!
Natürlich waren die damaligen Kompressormotoren alles andere als effizient im Bezug auf die Kraftstoffausnutzung. Trotzdem beherrschten die Kompressormotoren zwischen den 20er Jahren und ca. 1945 unangefochten die Rennsportszene (siehe Threads im Forum "Daimler-Benz - Geschichte und Oldtimer")!
AMG wusste also eigentlich genau, worauf sie sich bei Entwicklung und Bau einliessen, als sie den M 113 E 55 ML in Angriff nahmen! Ich nehme nicht an, dass man den M 113 E 55 ML jemals gebaut hätte, wenn die angebliche "Ineffizienz" dieses Motors ein wirklicher "Killer" gewesen wäre. Die Kompressortechnik nun also plötzlich als ineffizient darzustellen wäre inkonsequent und logisch nicht nachvollziehbar. In diesem Zusammenhang möchte ich noch mal kurz auf meinen Vergleich G 55 AMG vs. ML 63 AMG hinweisen, guckt einmal die Verbrauchswerte an. So wie ich die Werte sehe, verbraucht der klobige G 55 AMG trotz 240 kg höherem Gewicht im Schnitt weniger als der moderne und windschnittige ML 63 AMG (besonders auffällig der Unterschied für "Stadt")?!
Wo ist da die Ineffizienz des M 113 E 55 ML?!
Ein weiterer Punkt: Ein Motor wird inkl. seiner Zusatzaggregate entwickelt bzw. gebaut, also unter Berücksichtigung aller "internen" Leistungsverluste vor der Kupplung. Bei aufgeladenen Motoren ist zwar zusätzlich der Bedarf der Ladeorgane zu berücksichtigen, jedoch muss man hier den aufgeladenen Motor als Einheit verstehen ("Verbundmaschine"). Auch bei einem Motor mit ATL sind zusätzliche interne Verluste vorhanden, wie z.B. der erhöhte Abgasgegendruck.
Da z.B. die Modelle mit M 113 E 55 ML ausserdem einen zuschaltbaren Kompressor besitzen, arbeitet der Motor im unteren Leistungsbereich quasi wie ein Saugmotor.
Vergleicht man Saugmotoren mit grossem Hubraum mit aufgeladenen Motoren kleineren Hubraums, so muss das grössere Gewicht des Saugmotors mit dem kleineren Motorgewicht der aufgeladenen Version inkl. Ladeorgane und LLK verglichen werden.
Ausserdem spielt der verfügbare Einbauraum bei der Wahl des passenden Laders eine wichtige Rolle. War beim M 113 genügend Platz zwischen den Zylinderbänken, so war dies beim M 275 / M 285 wahrscheinlich nicht mehr der Fall, so dass man ein Biturbokonzept mit seitlich angebauten ATLs gewählt hat.
ATLs können bei Ottomotoren wegen des relativ weit gespreizten Motordrehzahlbereichs (im Vergleich zum Diesel) immer noch nicht optimal genutzt werden, man benötigt weiterhin das "Waste-Gate". Eine Leitschaufelverstellung, wie sie bei den Turbodieseln als VTG / VNT eingesetzt wird, ist wegen der hohen Abgastemperaturen und den entsprechend benötigten Materialien bei Ottomotoren immer noch nicht verfügbar.
Mein eigenes Fazit:
Es gab andere Gründe für die zukünftige Ablösung des M 113 E 55 ML, bzw. die Abkehr von der Kompressortechnik.
Denkbar wären:
- Kompressoreinheit zu teuer
- Zuschaltung des Kompressors wurde beanstandet (Quietschen, Ruck, ...)
- Kompressoreinheit zu anfällig oder zu wartungsintensiv
- Zu geringe Lebenserwartung des Kompressors
- Zu geringe Lebenserwartung des Motors durch den Kompressorbetrieb
- ...
Gut Nacht,