Kurzstrecke mit Diesel oder Benziner ?
Hallo zusammen,
das Thema ist ja schon etwas älter und taucht immer wieder mal auf.
Otfrieds Beitrag hat mich gerade ebenfalls zum Nachdenken angeregt.
Mal ein paar pauschale Antworten:
1) Ein Diesel wird prinzipiell weniger schnell warm, als ein Benziner. (Sofern die Motoren beide aus der gleichen Temperatur heraus warmlaufen müssen.) Grund ist der bessere Wirkungsgrad des Diesels, der schlicht weniger Kraftstoff verbrennen muss, um gleiche Leistung zu erbringen.
...allerdings ist mein OM 642 (E 320 CDI-T) immerhin derart gut gekapselt, dasss er, wenn ich ihn abends um 18 Uhr in die Garage fahre, am nächsten Morgen immer noch handwarm ist! Somit ist er nach wenigen km wieder auf Betriebstemperatur.
Motoraufwärmung im Wochentagsprofil, Sommer:
7 Uhr 10 km zur Arbeit, Abstellen in Garage.
18 Uhr 10 km nach Hause, Abstellen in Garage.
Landstrasse, 7.5 -8 Lit/100 km, ruhige „bedachte“ Fahrweise
nach 1 km: 40°C (Anzeige im KI)
nach 2 km: 60°C
nach 4 km: 75°C
nach 6 km: 85°C
nach 7 km: 90°C (Beharrung erreicht)
Mein Fazit: bereits nach etwas mehr als 1 km kann man bei bedachter Fahrweise nicht mehr von einem „kalten“ Motor sprechen und es wird bei bedachter Fahrweise beim Diesel auch kaum mehr Kondensat anfallen. (Der fährt ja dann schätzungsweise Lamda um/über 4)
Nach 4 km wird das Motoröl wegen des Ölwärmetauschers mind. auch 55 °C haben und sich über die Lufteinblasung bereits im Trocknungsprozess befinden.
Falls ich das Auto nächsten Winter noch habe, ergänze ich die Tabelle.
2) Kondensation von Wasser:
Ein Benziner arbeitet um Lamda 1. D.h. er hat immer viel relativen Wassergehalt im Abgas. Ein Diesel fährt jedoch "immer" mit viel Luftüberschuss, sodass der relative Wassergehalt im Diesel-Abgas deutlich niedriger ist. Somit ist dessen Wassereintrag in das Motoröl und auf die kalten Zylinderwände ebenfalls deutlich weniger. Zwar liegt der Wasser-Taupunkt für Dieselöl-Abgas um die 40-45 °C. Die Zyl.-Wände werden jedoch deutlich weniger beschlagen und der Blowby in's KG (und somit ins Öl) ist deutlich trockener, als bei einem Benziner.
Mein OM642 hat darüber hinaus eine Ladeluft-Einblasung in das KG. (Weiss nicht, ob das bei den OMs mittlerweile durchgängig so ist.) Damit wird schon mal grundsätzlich das Motoröl im Fahrbetrieb eher "getrocknet".
3) Kondensation von Kraftstoff
Beim Benziner kondensiert beim Kaltstart sofort (etwas) Kraftstoff an den Zyl.-Wänden. "Dickes" Öl wird damit verdünnt. Muss also nicht grundsätzlich "immer" schlimm sein. Allerdings summieren sich die vielen Kaltstarts mit anschliessender nur-Kurzstrecke und nach einiger Zeit ist beim Benziner zusätzlich zum Wasser auch noch einiges an weniger-flüchtigen Benzinanteilen im Motoröl. Das tritt umsomehr auf, wenn ein Benziener keinen KM-gekühlten (bzw. bei kaltem Öl KM-geheizten) Ölwärmetauscher verbaut hat.
Beim Diesel könnte zwar der Diesel theoretisch schneller an Zylinderwänden kondensieren, weil er weniger flüchtig ist, als Benzin. Praktisch wird er das kaum, wenn man nicht jeden Morgen bei -20°C startet. Die Diesel haben allgemein Glühkerzen, die noch ein paar Minuten auf schwacher Last nachglühen. Kondensieren tut da nur dann Diesel, wenn wirklich deutlich Weissrauch entsteht. Und diesen würde man sehen und deutlichst riechen. Da muss es schon sehr sehr kalt sein.
4) Russbildung durch "fettes Gemisch".
Ist beim Benziner bekannt. Besonders, bei "irren" Durchtretern des Gaspedals gleich nach Motorstart.
"Fettes Gemisch" beim Diesel ?
In Teillast eigentlich nur möglich, wenn die Luftklappe für die Dosierung der Abgasrückführung AGR (So eine Luftdrosselklappe hat mein OM642) vehement geschlossen würde. Glaube ich aber nicht einmal.
Deutlicheres Russen durch unvollständige Verbrennung infolge kaltem Dieselmotor? Für mich eigentlich nur erklärbar für die ersten paar Meter, bzw. auch wieder nur bei den Kaltmotor-Dreschern, bei deren Motoren das Abgas noch zu kalt und im Moment des Beschleunigens zu wenig ist, und somit die für die Beschleunigung der ATLs erforderlichen "Abgasenthalpie" (Druck und Temperatur) hinterher hinkt. Letzteres ist beim "Kickdown" eines warmen Diesels aber auch immer der Fall. deshalb die "Ladedruckangleichung", die volle Einspritzmenge erst bei vollem Ladedruck freigibt. (...aber eben doch immer schon etwas mehr, damit Ansprechverhalten/Beschleunigung als "zügig" ohne Loch empfunden wird.)
Mein Fazit: Ich mag keine ausgesprochene Kurzstrecke, fahre aber auch nur 10 km zur Arbeit. Hätte bei meinem OM 642 aber keine Bedenken, dass er wirklich mehr leiden müsste, als ein 200er Kompressor-Benziner mit gleichem Kurzstreckenprofil und gleichem Garagenstellplatz. ...und der Wandler der 7-Gtronic hilft trotz schnell (und rel. weit) schliessender WÜK ja auch noch mit, den Motor zu erwärmen.
Gruß-DOMMY
..das das immer gleich so lang wird...
EDIT: Temperaturverlauf, Sommerprofil implementiert