Ölwechsel: Lebenslange Intervalle?
Hallo zusammen,
dass die Mineralölindustrie Öl verkaufen will und die Werkstätten die Autos dort sehen wollen ist bekannt. Allerdings sind niedrige Betriebs- Und Wartungskosten für alle Betreiber von Maschinen, bzw. hier „Autos“ ein erhebliches Kaufargument. Dies nimmt in deren Entwicklung deshalb auch großen Stellenwert ein.
Die Idee, das Motorenöl nur einmal einfüllen zu müssen, um dann nur noch den unvermeidbaren Ölverbrauch nachzufüllen (z.B. 0,5 l auf 10.000 km) ist nicht neu.
Damit das „annähernd“ funktioniert, muss/müssen z.B.
1) praktisch "alle" Schmutzpartikel aus dem Öl herausgefiltert werden,
2) alle sauren und flüssigen Verbrennungsprodukte, insbesondere Schwefelsäure(!), Kohlensäure und Wasser aus dem Öl entfernt werden,
3) das Öl bei andauernd guten Betriebsbedingungen eingesetzt werden,
4) sich erschöpfende Substanzen immer wieder ersetzt werden,
Also kurzum, das Öl sollte möglichst in einem „brauchbaren“ Zustand bleiben. Am besten natürlich, der Eintrag obiger Substanzen findet erst gar nicht statt! Diesem Ziel ist man in den letzten 30 Jahren auch erheblich näher gekommen. Das lässt sich an den im Vgl. zu früher erheblich gestiegenen Ölwechselintervallen belegen. Waren 1970 tlw. noch 5000 km gängig, so sind es seit 2000 eher 30.000 km. Und das liegt nicht nur an den Fortschritten in der Ölentwicklung. Oft genug musste die Ölindustrie „reagieren“, weil neue Motoren vorhandene Ölstandards überforderten, die zu Motorschäden führten. Die Leistungsdichte der Dieselmotoren hat sich z.B. verdreifacht und deren Ölwechselintervalle auch.
Wie begegnet man o.a. Forderungen ?
Zu 1) Totale Partikelfilterung hat man durch zusätzlich zum Hauptstrom-Ölfilter angebrachte feinstfilternde Nebenstromölfilter versucht umzusetzen. Die haben tatsächlich so feinst gefiltert, dass auch Additive wie VI-Verbesserer herausgefiltert wurden, sodass die eingesetzte Heißviskosität sich gefährlich dem dünnen Grundöl näherte. Ergebnis wie bei einem Scher-instabilen Öl.
Also weniger Partikel eintragen! Machen heutige Motoren auch. Bezüglich Ruß besonders die Diesel. Deshalb sind deren Ölwechselintervalle ja gestiegen. (Mein 3L Diesel hat ein Ölfilterchen, das gerade mal so groß ist wie vor 30 Jahren beim Renault R4-Benziner!)
Abgesehen davon halten moderne Hauptstrom-Vliesfilter doppelt so viel zurück wie die früheren, immer noch massenhaft verbauten phenolharzgetränkten Papierfilter und erreichen dabei doppelte Standzeiten …sofern deren Filterfläche nicht einfach verringert wird.
Aber irgendwann ist das Öl mit Kleinstpartikeln verseucht und muss raus, wenn man unterstellt, dass genügend abrasive Partikel drin sind. Und die gibt es immer.
2) Säuren im Öl (hier Schwefelsäure) lassen sich nicht ohne teure verfahrenstechnische und im Fahrzeug auch anfällige Gimmicks aus dem Öl abtrennen. (Das ist so aufwendig, wie die Prozedur, Koffeninkaffe zu entkoffeinieren). Also weniger eintragen! Ist mit schwefelarme, Diesel erreicht, weshalb die Ölwechselintervalle auch deshalb erheblich angestiegen sind. Dem Wasser geht man mit Kühlmittel-Öl-Wärmetauscher und bei aufgeladenen Dieseln mit Ladelufteinblasung in das Kurbelgehäuse zu Leibe. Wenigstens bei meinem Auto.
Aber auch hier gilt: Irgendwann ist das Öl mit Säure verseucht und muss raus.
3) Gute Betriebsbedingungen werden erreicht, zum einen, wenn ein Motor so konstruiert ist, dass das Öl mit keinen hochbelasteten „hot Spots“ in Verbindung kommt, durch KM-Öl-WT möglicht auf günstiger Temperatur gehalten wird und zum anderen, wenn das Auto möglichst im Dauerbetrieb und vor allem GEMÄSSIGT bewegt wird. Aber auch hier gilt: jünger werden wir alle nicht, aber je nach Lebenswandel altern wir unterschiedlich schnell.
4) Erschöpfende Substanzen ersetzen: Warum für viel Geld Additive zusammenpanschen, von denen man nicht weiß, in welcher Zusammensetzung man sie gerade braucht. Bei einem Aggregatemotor lasse ich mir das ja gefallen, wenn man da 200 l Öl drin hat und alle paar 100 h Ölproben zieht, weil auch deren Ölalterung lastabhängig ist. Wer solche Maschinen betreibt, hat auch das Geld für Laborproben.
Ich persönlich resümiere, dass es Sinn macht, über „optimale“ bzw. „wirtschaftliche“ Ölwechselintervalle nachzudenken. Hatte Mercedes ja mal m.H. eines Ölgütesensors versucht …und das Ding wieder in den Müll geworfen.
Bleiben also die pauschalen Ölwechselintervalle, die immer von Über-Durchschnittsbelastungen und Unter-Durchschnittsfahrern ausgehen.
Das Öl altert und die Additive zum sauber halten und puffern von Säuren „verbrauchen“ sich. Das ist unbestreitbar. Die Frage ist halt „wie schnell“. Also doch wieder ein von den tatsächlichen Ölbelastungen RICHTIG abgeleitetes Wartungsintervall, d.h. per pauschalen Empfehlungen (die kaum jemand befolgt oder ggf. nicht mal versteht), oder „wissenschaftlich“ ausrechnen, dann trotzdem noch per Labor prüfen…
Oder einfach wechseln und gut ists. Als Motorenentwickler und Motoren-Liebhaber
mache ich letzteres und spare nicht am Öl. Wie viele von Euch. Das Öl wird ja nicht einfach in den Bach gekippt, sondern sinnvoll weiterverwendet. Und ich nehme zur Kenntnis, dass neue Autos massenhaft gehätschelt werden wie die Babys. Und wenn sie dann alt sind und wirklich Pflege brauchen, dann wird diese reduziert und die Wartungsintervalle gestreckt. (Wie beim Menschen.) Das Alter hat halt nicht so viele Liebhaber.
Allen ein schönes Wochenende wünscht
Euer DOMMY !