Interessantes zum Winterreifen

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Winterreifen für Geländewagen: Der "Etikettenschwindel"


Vorurteile halten sich oft hartnäckig - und manche sind richtig gefährlich. So argumentieren viele Besitzer von allrad-getriebenen Geländewagen: »Wozu brauche ich Winterreifen? Meine Sommerreifen haben grobstollige Profile, mit denen komme ich überall durch. Und die M+S-Markierung für die Wintertauglichkeit ist auch drauf« - ein erschreckende Selbstüberschätzung, die zwei Ursachen hat: den Etikettenschwindel der Industrie und überhebliche Sorglosigkeit.


Der M&S - Etikettenschwindel


Der Schwindel mit der M+S-Markierung (»mud+snow« oder »Matsch+Schnee«) ist nach offizieller Lesart gar keiner - und trotzdem haarsträubend. Zum Hintergrund: In den USA kamen für den boomenden Markt der Geländefahrzeuge ständig neue Spezialreifen auf den Markt, die zwar toll aussahen und im besten Fall offroadtauglich waren, aber ein Dilemma hatten - sie konnten bei der Höchst-geschwindigkeit der immer schneller werdenden Fahrzeuggattung nicht mehr mithalten. Das Problem wurde kurz und trocken gelöst: Man druckte einfach das M+S-Symbol auf die Flanke, der Reifen wurde so zum Winter- bzw. Ganzjahresreifen. Der Clou: Er darf so gekennzeichnet auch dann aufgezogen werden, wenn das Auto wesentlich schneller fährt als es die Reifenbauart erlaubt.

Und jetzt wird der Schwindel zum Skandal. Denn fragt man nach den rechtlichen Grundlagen, die zum Tragen des M+S-Symbols berechtigen, stellt man verblüfft fest: Es gibt überhaupt keine! Alle Hersteller können nach Lust und Laune »M+S« auf ihre Reifen schreiben - und glauben Sie uns: Bei den Geländereifen tun sie es auch. Wohlgemerkt: Dieses rechtliche Vakuum gilt auch für die Pkw-Reifen, doch hier hält sich die Industrie sozusagen an eine freiwillige Ehrlichkeit. Bei Geländereifen jedoch herrschen durch den Einfluss des amerikanischen Marktes Wild-West-Methoden - ohne Rücksicht auf Verluste.

Besonders tückisch ist, dass Offroadreifen mit ihren groben Stollen und den offenen Querprofilen tatsächlich den Anschein schneepflügender Qualität erwecken - und so den Fahrer in wohliger Sorglosigkeit wiegen. Im Notfall stehen ja noch Allradantrieb, ABS und ESP als Lebensretter zur Verfügung.


Was macht einen richtigen Winterreifen aus?


Ach, wenn Chemie und Physik doch immer so einfach wären. In der Tat fehlen den aufgepeppten »Winterreifen« aber zwei entschiedene Elemente: eine Gummimischung, die auch bei Temperaturen unter 7° C noch elastisch bleibt, und Mikrolamellen, die durch die Verzahnung mit Schnee und Eis für ausreichend Grip sorgen. Beim Beschleunigen mit der Traktion des Allradantriebs fällt dieses Manko noch nicht auf, doch spätestens beim Bremsen, in Kurven oder beim Bergabfahren wird's gefährlich. Ohne Lamellen und mit verhärteten Reifen bricht die Verzahnung mit der Fahrbahn ab, das Fahrzeug kommt ins Rutschen und kann - weil Schwergewicht - auch nicht mehr unter Kontrolle gebracht werden - Abflug!


Der wintertaugliche Off Road-Reifen


Die Reifenindustrie hat auf dieses Sicherheitsrisiko reagiert - wenigstens seit dem Zeitpunkt, als auch die deutschen Fahrzeugher-steller Mercedes und BMW mit der M-Klasse und dein X5 den boomenden Geländewagen-markt (etwa 90 000 Neuzulassungen jährlich) bedienen wollten. Jetzt war hohe Erstausrüst-ungsqualität gefragt und deshalb beschränken sich die Reifenhersteller inzwischen nicht mehr nur darauf, amerikanische Offroadreifen zu importieren, sondern entwickeln außerdem Produkte für den europäischen Markt, eben auch ausgewiesene Winterreifen (meist mit dem Symbol einer Schneeflocke gekenn-zeichnet). An der Unsitte, jedes Exemplar im Programm mit M+S zu markieren, hat sich freilich nichts geändert - entsprechend groß bleibt die Verunsicherung bei den Kunden. Es wird also höchste Zeit, die Spreu vom Weizen zu trennen. Und der ADAC leistet Pionier-arbeit: Erstmals in Deutschland mussten sich Geländereifen in einem kompletten Winter-reifentest beweisen - bis auf wenige technisch bedingte Ausnahmen (z.B. Verschleiß) nach den üblichen harten ADAC-Kriterien.


Der ADAC-Test


Schwierig gestaltete sich die Auswahl der Testgröße, da der Markt sehr unübersichtlich ist: Fast jedes Geländefahrzeug hat seine eigene Reifendimension. Den größten gemeinsamen Nenner fanden wir schließlich im Ford Maverick (baugleich: Mazda Tribute) mit der Dimension 235/70 R 16. Immerhin elf Modelle kamen so zusammen, bekannte Namen wie Bridgestone oder Dunlop fehlen trotzdem. Wenn möglich testeten wir pro Hersteller ein ausgewiesenes Wintermodell und einen M+S-markierten Ganzjahresreifen, beide mit einem straßenorientierten Profil, was auch den realistischen Fahrgewohnheiten entspricht.


Enttäuschende "Ganzjahresreifen" und gute Winter-Spezialisten


Das Ergebnis unseres Vergleichstests ist für die Ganzjahresreifen (auf dem Geländewagensek-tor!) niederschmetternd: Kein einziger kann für den Einsatz im Winter empfohlen werden, alle fünf Kandidaten sind nicht wintertauglich! Auf Schnee und Eis wird eine Fahrt mit ihnen zur Zitterpartie (eine Ausnahme macht der Pirelli Scorpion S/T, der auf Schnee zwar überzeugt, dafür aber auf Nässe patzt).

Es geht auch anders: Immerhin drei Winter-spezialisten erreichten auf hohem Niveau das Prädikat "besonders empfehlenswert" - mit unterschiedlichen Schwerpunkten: Der Conti 4x4 WinterContact punktet vor allem auf trockener Fahrbahn, der Michelin 4x4 Alpin auf Nässe und der Pirelli Scorpion Ice+Snow auf Schnee.

Empfehlenswerte Alternativen zum im Winter untauglichen Ganzjahresreifen sind auch der Fulda Tramp 4x4 Yukon und der Goodyear Wrangler UG. Beim Fulda muss man lediglich einige Abstriche beim Komfort machen und der Goodyear fällt etwas bei den Leistungen auf trockener und nasser Fahrbahn ab. Hervor-ragend auf Schnee und Eis präsentierte sich der Winter Slalom von BFGoodrich, doch auf Grund seiner Schwäche auf Nässe könnten wir ihn nur bedingt empfehlen.


Winterreifen übers ganze Jahr?


Also: Auch für Geländewagenfahrer sind Winterreifen unbedingt Pflicht. Doch wer jetzt glaubt, auch mit Winterrreifen das ganze Jahr über fahren zu können, täuscht sich. ADAC-Tests bei sommerlichen Temperaturen haben ergeben, dass Winterreifen dann erheblich längere Bremswege benötigen als Sommer-spezialisten. Und auch der Verschleiß der Reifen wird sich dramatisch erhöhen. Wer das ganze Jahr sicher unterwegs sein will, wird um die Anschaffung eines zweiten Reifensatzes mit Felgen also nicht herumkommen.
 
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